MARTIN WEIMAR KUNST I KONZEPT 2015 Nürnberg Tucherschloss
 
Martin Weimar
 

„TUCHER-FLORILEGIUM“
Pflanzeninstallationen von Martin Weimar

Museum Tucherschloss und Hirsvogelsaal Nürnberg
2. Mai - 9. August 2015
www.tucherschloss-nuernberg.de
Nürnberg

Die Pflanzeninstallationen von Martin Weimars
Ausstellung „TUCHER-FLORILEGIUM“ sind im Schlosshof,
in der Eingangshalle sowie in einzelnen Räumen des
1. und 2. Obergeschosses des Museums zu sehen.

Kunstgärtner trifft Kunsthistorikerin
Unter diesem Motto führen Martin Weimar - Gärtner, Florist und Künstler aus Oberschleißheim bei München - und die Kunstwissenschaftlerin Ulrike Berninger - Leiterin des Museums Tucherschloss und Hirsvogelsaal - mehrmals gemeinsam durch die Ausstellung. Sie erzählen aus ihrer ganz persönlichen Sicht von der ersten Idee, der Genese und den Intentionen bei der Entstehung der Ausstellung. Vielfach haben die beiden dabei ganz eigene Zugänge und Assoziationen zu den Pflanzeninstallationen, die sich aber immer zu einem Gesamtbild ergänzen - und natürlich zu eigenen Gedankenspielen anregen sollen ...
Termine 31. Mai, 26. Juli, 9. August 2015 jeweils 15.30 Uhr

Fotos: Hasselmeier-Fotodesign
Texte: Ulrike Berninger M.A., Leiterin Museum Tucherschloss und Hirsvogelsaal
Download: > Nürnberger Museumszeitung


Führung
Führungen l Martin Weimar und Ulrike Berninger l Foto: Brigitte List

 
Martin Weimar
EG Schlosshof I Cimicifuga simplex ’Chocoholic’ (Schatten) 2015 I Pflanzeninstallation
 

Purpurblättrige Silberkerze Cimicifuga simplex ’Chocoholic’, Tulpe ’Queen of Night’ Tulipa, Schwarzer Schlangenbart Ophiopogon planiscapus ’Nigrescens’, Rembrand-Tulpe Tulipa, Neuseelandflachs Phormium tenax ’Purpureum’, Weißgrüner Buchsbaum Buxus sempervirens ’Elegans’, Blaue Hesperidenpalme Brahea armata.

Martin Weimar liebt die Spuren der Zeit. Inspiration für seine Arbeiten holt er sich nicht nur auf Flohmärkten, sondern auch im Umfeld seiner eigenen Gärtnerei. Für seine Installation im Tucherschen Schlosshof greift er zu handelsüblichem Gärtnerzubehör. Mit modernen Rollcontainern setzt er das rechteckige Beet eines Renaissancegartens auf Räder und macht diesen so mobil, flüchtig, führt ihn sogar in den steinernen Hof hinein. Wie in den Gärten der Renaissance und des Barock üblich, stellt der Künstler auf den Rollwägen besondere florale Schönheiten – hier dunkelblättrig und mit fast schwarzen Blüten – zur Schau: erhaben und außerdem kultiviert in besonderen Gefäßen. Die Töpfe sind nun aber alltäglich und mattschwarz gehalten. Als Pflanzen wählt Weimar solche, deren Blattform an die Flora auf Holzschnitten erinnert und deren Farbigkeit an nachgedunkelte Firnisschichten auf Gemälden des
16. Jahrhunderts denken lässt. So wie z.B. die purpurblättrige Silberkerze – eine im Sommer blühende, aus Nordamerika stammende duftende Gartenstaude – die, umgeben vom dunklen Fachwerk und dem rötlichbraunen Sandstein, den Zwiebelturmhauben des Schlosses entgegen wuchert. Mit Phormium tenax, einer Grasart aus Neuseeland, spannt Weimar den Bogen zu den berühmten Pracht-Florilegien der Barockzeit, kostbaren gemalten Blumensammlungen, in denen florale Schönheiten porträtiert wurden. Vor Augen hat er hier speziell die allegorischen Darstellungen fremdländischer Gewächse, die in Florilegien vielfach auf den illustrierten Frontispiz-Seiten gegenüber dem Buchtitel abgebildet sind.

Auf der Basis historischer Recherchen interessiert den Künstler bei der Umsetzung
dieses Werkes nicht der Renaissancegarten an sich, sondern vielmehr
– und ganz im psychologischen Sinn dessen Schatten.

 
Martin Weimar
Cimicifuga simplex ’Chocoholic’ (Schatten) 2014 I Pflanzeninstallation/Studiofotografie
 
 
 
 
 
Martin Weimar
 

In der Eingangshalle des Schlosses installiert Martin Weimar Fundstücke und buchstäblich Gewachsenes im spannungsreichen Kontrast zu einem skurril wirkenden und dabei ästhetisch reizvollen Ensemble. So lässt er zwei grüne Flamingoblumen (Anthurien) mit dem Sortennamen
’Jungle King’ aus den Sitzpostern zweier Plüschsessel wachsen: humorvoller Ausdruck für die Tropensehnsucht der Mittel- und Nordeuropäer, die sich seit dem frühen 19. Jahrhundert die exotischen Pflanzen auch in die eigenen Wohnräume holen.

Bei Martin Weimar besetzen die zu mächtigen Zimmerpflanzen gewordenen Tropengewächse im wahrsten Wortsinn einen neuen Platz: den Sessel selbst.

Der Reiz des Exotischen und das Interesse am Fremdartigen haben spätestens seit der Entdeckung Amerikas und Indiens die Sehnsüchte der Europäer beflügelt. Als Beweisstücke der Entdeckerfahrten wurden neben Gewürzen, Bodenschätzen und Tieren auch tropische Pflanzen importiert. Das Anthurium crassinervium ist eine immergrüne, vor allem aus Kolumbien, Venezuela und Curacao stammende Staude. Sie wurde erstmals vom Botaniker und Chemiker Nicolaus Joseph von Jasquin (1727-1817), Direktor des Botanischen Gartens der Universität Wien, beschrieben und benannt.

 
Martin Weimar
 
EG Eingangshalle I Sumpfzypresse (für Lorenz II. und Katharina Tucher) 2014 I Pflanzeninstallation/Studiofotografie: 150x180cm Kodak Endura auf Alu-Dibond,
Acrylglas-Versiegelung
 
 

Statt live im Raum und damit zum Begreifen nah, platziert Martin Weimar seine pflanzlichen Akteure ein anderes Mal auf Distanz und für den Betrachter damit unerreichbar fern. Für die Eingangshalle des Schlosses hat der Künstler Sumpfzypressen – eine jahrmillionenalte, heute vorwiegend in den südlichen USA bis Guatemala verbreitete und in Europa als Parkbäume genutzte Pflanzengattung – als Großfotografie in einen weißen Bildraum gebannt und hermetisch hinter Acrylglas versiegelt. Somit der Zeit enthoben, werden die fotografischen Abbilder der Charakterbäume für Martin Weimar zum zeitgenössischen Alter Ego des Patrizierpaares Lorenz II. und Katharina Tucher – seine persönliche Hommage an die ehemaligen Bewohner des fast 500 Jahre alten Schlosses.

Den direkten kunsthistorischen Bezug vor Ort findet der Besucher in der vorderen „Schatzkammer“ des Erdgeschosses: 1534, ein Jahr nach Baubeginn des Tucherschlosses, malte Hans (Leonhard) Schäufelein, zeitweise Mitarbeiter Albrecht Dürers, ein Ehebildnis der Bauherren Lorenz II. Tucher und seiner Frau Katharina, geb. Straub. Das Diptychon (Doppelbildnis) wurde ursprünglich durch Scharniere oder Lederriemen zusammengehalten und zur Erinnerung für die Nachkommen vermutlich zusammengeklappt in einer Truhe aufbewahrt.

 
 
 
 
 
Martin Weimar
1.OG Grünes Speisezimmer I Ficus elastica ’Belize’ (Bidet-Bosquette) 2015 I Pflanzeninstallation
 

Anstelle der sonst hier stehenden Stühle hat Martin Weimar vier pastellfarbene Bidets um den großen Tisch in der Raummitte arrangiert. Darin eingepflanzt: hochstämmige, kugelig geschnittene Gummibäume der Sorte ’Belize‘ mit großen bunten Blättern. Für seine künstlerischen Pflanzeninstallationen interessieren Martin Weimar weniger die vor allem in Deutschland beliebten, gesunde Natur suggerierenden sattgrünen Pflanzen. Als Künstler bevorzugt er Buntblattpflanzen mit glänzenden, oft kurios künstlich wirkenden Blättern und Blattstrukturen. Durch die bunte Farbe der Blätter entsteht für den Betrachter ein unerwartetes, durchaus irritierendes Seherlebnis: ein Vexierbild zwischen Künstlichem und Natürlichem. Mit den Bidets nimmt der Künstler mit einem Augenzwinkern Bezug auf die Mode, Pflanzen in besonderen Kübeln oder Töpfen (= süddeutsch: Scherben) zu ziehen. Das Bidet als spezieller Pflanztopf stellt den Gummibaum sogar erhöht auf eine Art Podest und wird somit zum „Scherbenstuhl“. Auf dem Esstisch stehen Blumenübertöpfe der bekannten saarländischen Keramikfirma Villeroy & Boch aus verschiedenen Jahrzehnten, die Martin Weimar über Jahre gesammelt hat – ironischer Verweis auf die seit dem Zeitalter des Biedermeier im bürgerlichen deutschen Wohnzimmer existente Übertopf-Mode. Bestückt hat er sie nun mit hohen Anti-Knabb-Verbissschutzhüllen, mit denen normalerweise junge Baumstämme vor Wildverbiss geschützt werden.

Im 1. Obergeschoss des Schlosses lag einst der private Wohnbereich der Familie. Der Raum mit den heute grün gestrichenen Wänden wurde vermutlich als Speise- und Wohnzimmer genutzt. Die drei großen Wandteppiche wurden im 16. Jahrhundert im flämischen Enghien gewirkt und stammen aus der Erstausstattung des Schlosses. Es handelt sich um Verdüren (von frz. vert = grün), d.h. Wandteppiche mit Motiven von grünen Pflanzen und Tieren. In der Farbigkeit und der vereinfachten Form ihrer Blätter korrespondieren die ursprünglich aus Asien stammenden und zur Gattung der Feigen gehörenden Zierpflanzen verblüffend mit ihren abstrahierten Pendants auf den Renaissance-Tapisserien an den Wänden des Raumes. Die wie hohe bizarre Pflanzen aus den Blumenübertöpfen auf dem Tisch „wachsenden“ Anti-Knabbs haben gleichzeitig einen kuriosen Bezug zum holzgeschnitzten frühbarocken Hirschkopf mit dem aufgesetzten seltenen
Geweih (13-Ender) an der Zimmerwand.

 

 
Ficus elastica ’Belize’ (Bidet-Bosquette) 2015 I Pflanzeninstallation/Studiofotografie
 
 
 
 
 
Martin Weimar
2.OG Vorraum I Crocus sativus (Blumenzwiebeln und eine Maus) 2015 I Pflanzeninstallation/Studiofotografie:
142x180cm Kodak Endura auf Alu-Dibond, Acrylglas-Versiegelung
 
 

In den weißen Bildraum der Großfotografie fällt von oben kopfüber eine handelsübliche Mausefalle aus Metall, gezeigt von der Rückansicht. Erkennbar ist sie am aufgewickelten Draht zur Spannung der Metallwippe und am Köderbügel. „Gefangen“ hat die Falle diesmal jedoch nicht eine Maus, den natürlichen Feind jeder Blumenzwiebel, vielmehr ist hier die Safranpflanze selbst eingeklemmt. Aus der Zwiebel wächst am schlanken Stiel nach unten die Krokusblüte mit ihren violetten Blütenblättern. Das zentrale Bildmotiv sind dabei die leuchtend rotorangefarbenen Blüten- bzw. Safranfäden. Für Martin Weimar hat die Mausefalle hier keine zerstörerische Wirkung, sondern dient vielmehr dem Schutz des Krokus als Lieferant der kostbaren Safranfäden. Inspiriert hat ihn ein Stich des flämisch-niederländischen Künstlers Crispin de Passe d. Ä. (1564-1637): In seinem 1614 erschienenen Werk „Hortus Floridus“ („Der blühende Garten“) ist der Eintrag über den Krokus/Safran mit einer Abbildung der blühenden Pflanze, einer Krokuszwiebel und einer kleinen Maus, die an der Zwiebel knabbert, illustriert.

Die mühevolle, nur einmal im Jahr per Hand mögliche Ernte macht den Safran, den Crocus sativus, zu einem der teuersten Gewürze weltweit: Da jede Blüte nur drei Fäden hat, werden pro Kilo ca. 250.000 bis 350.000 Blüten benötigt; für ein Kilo Safranfäden braucht man ca. 400 Arbeitsstunden. Dennoch wurde kein anderes Gewürz im Mittelalter in so vielen unterschiedlichen Bereichen eingesetzt wie der Safran: als Arznei, zum Färben von Textilien, in der Kosmetik, als stimulierende Droge und in der Kochkunst.

Die Tuchersche und die Imhoffsche Handelsgesellschaften waren seit Anfang des
16. Jahrhunderts die größten Nürnberger Konkurrenten im Safranhandel. In Genf und Lyon stiegen diese zwei Gesellschaften zu den bedeutendsten deutschen Vertretungen auf. Probates Mittel, die wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Macht zu festigen, waren strategische Eheverbindungen zwischen den Familien – im übertragenen Sinn „Safran(ehe)mausefallen“. So heiratete Felizitas Tucher 1591 Johann Jakob Imhoff: Gegenüber Martin Weimars Großfotografie sind beide im lebensgroßen Diptychon (Doppelbildnis) des bekannten Malers Lorenz Strauch dargestellt.

   
 
 
 
 
 
Martin Weimar
2.OG Roter Empfangsraum I Crocus sativus (Safranschau) 2015 I Pflanzeninstallation
 

Der Titel von Martin Weimars Installation ist vom Gemälde eines unbekannten Mitglieds der berühmten Malerfamilie Sandrart im Nürnberger Stadtmuseum inspiriert, das die reichsstädtische „Gewürz- und Safranschau“ um 1580/1600 zeigt. Die sogenannte Safranschau war bereits Mitte des 14. Jahrhundert eingerichtet worden. Sie sollte die Echtheit und Qualität des kostbaren Gewürzes prüfen und sichern und den Markt vor minderwertigen Fälschungen schützen. Martin Weimar zeigt hier die Kultivierung des Safrans (Crocus sativus) als künstlerischen Vorgang: Am Anfang standen 10 kg Brutzwiebeln aus angezogenen, erblühten und belaubten sowie anschließend getrockneten Safranpflanzen. Ein Teil dieser Krokuszwiebeln wurde in kleine Töpfe gepflanzt. Diese stehen nun zur Schau in Gruppen auf Blumentopfuntersetzern, welche wiederum auf die Untergestelle von Bürostühlen montiert sind. Die Bürostühle nehmen Bezug auf den Raum, in dem Martin Weimar die Installation platziert. Die
(Kunst-)Pelzchen, die sich als weiche Krägen um die Ränder der Untersetzer legen, ähneln formal den wertvollen steifen Spitzenkrägen, welche die Porträtierten auf den Bildnissen an den Zimmerwänden tragen. Tatsächlich haben die Patrizier neben kostbaren Gewürzen wie Safran auch mit Pelzen und hochwertigen Fellen gehandelt. Die Pflanzenleuchten, die jede Pflanzengruppe bescheinen, deuten auf das beständige Wachstum der Krokusse hin.

Der heute byzantinisch-rot gestrichene „Empfangsraum“ im 2. Obergeschoss des Schlosses diente im 16. Jahrhundert möglicherweise als „Büro“. Hier begrüßten die vor allem durch den Fernhandel mit Luxusgütern – darunter dem kostbarsten aller Gewürze, dem Safran – reich gewordenen Tucher vermutlich Geschäftspartner und wichtige Kunden. Hier könnten Handelsgeschäfte abgeschlossen, Abrechnungen getätigt und Bücher geführt worden sein.

 

 
Martin Weinar
Crocus sativus (Safranschau) 2015 I Pflanzeninstallation/Studiofotografie
 
 
 
 
 
Martin Weimar
 
2.OG Blauer Festsaal I Vanessa cardui (Seelen-Epiphanie) 2013 I Installation/Studiofotografie: je135x180cm (zweiteilig), Kodak Endura auf Alu-Dibond, Acrylglas-Versiegelung
 

 

Distelfalter (Vanessa cardui) gehören zur Familie der Edelschmetterlinge und sind Wanderfalter. Bei ihren Wanderungen können sie enorme Strecken zurücklegen, indem sie sich vom Wind tragen lassen. An einem Sonntag im Mai 2009 fand ein gigantischer Schmetterlingszug von Millionen von Distelfaltern von Westen nach Osten statt. Wie manisch bewegte sich dieser Zug stundenlang auch über Martin Weimars Kunst- und Lustgärtnerei. Viele Distelfalter verirrten sich in den dortigen Gewächshäusern und verendeten. Die Schmetterlingskörper wurden von Vögeln gefressen. Übrig blieben massenweise die schwarz-braun-orange gefleckten Flügel, die Martin Weimar mit der Pinzette aufsammelte und aufbewahrte. Sie bilden die Grundlage für seine zweiteilige Fotoinstallation. Von oben sind die Schmetterlingsflügel in den klaren Weißraum der Fotografie gefallen. Dessen Zentrum nimmt jeweils ein alufarbener Drehteller zur Präsentation von Münzen ein, der sich solarbetrieben dreht und die im richtigen Moment darauf fallenden Falterflügel zusätzlich verstreut.

Zu den wertvollsten Exponaten des Museums zählt das 8teilige „Tuchersche Tafelservice“, das unter dem großen Glassturz im heute blau gestrichenen „Festsaal“ ausgestellt ist. Auftraggeber war der Familienpatriarch Linhart II. Tucher (1487-1568), der bereits erworbene Stücke als Geschenk zu einem Prunkservice vervollständigen ließ. Anlass war 1564 die Vermählung seines jüngsten Sohnes Herdegen IV. mit der Patriziertochter Katharina Pfinzing. Gefertigt wurden die neuen Serviceteile von zwei der berühmtesten Kunsthandwerker des 16. Jahrhunderts: dem Nürnberger Goldschmied Wenzel Jamnitzer und dem Emailmaler Pierre Reymond aus dem französischen Limoges. Auf einigen dieser Serviceteile ist – passend zur Hochzeit der Patrizierkinder – die mythologische Liebesgeschichte von Amor und Psyche abgebildet. Während Amor als Cupido (latein. Cupiditas = Begierde) die lustvolle Liebe repräsentiert, verkörpert Psyche (= griech. Seele) die reine seelische Liebe. Zeichen ihrer Unschuld sind auf vielen Darstellungen zarte Schmetterlingsflügel, auf anderen hält sie einen Schmetterling in der Hand.

     
   
 
 
 
 
 
Martin Weimar
Hirsvogelsaal I Horntulpe 2015 I Pflanzeninstallation
 

Eine besondere Überraschung erwartet die Besucher im Hirsvogelsaal, den der Patrizier Lienhart Hirsvogel in unmittelbarer Nähe des zeitgleich im Bau befindlichen Tucherschlosses als prächtig ausgestatteten Garten- und Tanzsaal errichten ließ. Um 1560 brachte der Diplomat und Botaniker Ogier Ghislain de Busbecq die erste Tulpenzwiebel von einem Aufenthalt in der Türkei mit in seine flandrische Heimat. Tulpensorten mit mehrfarbig geflammten Blüten wurden in der Folgezeit rasch beliebt und verbreiteten sich im Laufe des 17. Jahrhunderts in den Gärten Europas. 480 Jahre nach dem Bau des Hirsvogelsaals, im Oktober 2014, pflanzte Martin Weimar eine Hundertschaft Horntulpenzwiebeln in schlanke hohe Anzuchttöpfchen.

Ein halbes Jahr später präsentiert der Künstler diese rasch vergängliche Wildtulpen-Spezies auf den schachbrettartig verlegten Steinplatten des Hirsvogelsaals – spitzblütig, rotgelb geflammt und mit der Anmutung von sich grotesk bewegenden Moriskentänzern des 16. Jahrhunderts. Pünktlich zur Ausstellungseröffnung am 30. April sowie zur Blauen Nacht am 2. Mai sollen sie als spektakuläre, nur an diesen beiden Abenden zu sehende Inszenierung blühen.

 

> BR Nachrichten/Impressionen von der Blauen Nacht in Nürnberg

 
 
 
Martin Weimar
Künstlerportrait I Martin Weimar mit Horntulpen